Zulässige Differenzierung bei Nachtarbeitszuschlägen
Das Arbeitszeitgesetz (ArbZG) regelt zum Zwecke des Gesundheitsschutzes die von den Arbeitsvertragsparteien einzuhaltenden Vorgaben hinsichtlich der Arbeitszeit, so unter anderem zur Nachtarbeit. Bei der Erbringung von Nachtarbeit gibt es Arbeitnehmergruppen, die ihre Tätigkeit regelmäßig nachts verrichten und andere Arbeitnehmergruppen, die ihre Tätigkeit nur ausnahmsweise (=unregelmäßig) nachts verrichten. Unzweifelhaft gilt zugunsten sämtlicher nachtarbeitender Arbeitnehmer grundsätzlich ein Anspruch auf angemessene Nachtarbeitszuschläge bzw. Freizeitausgleich nach § 6 Abs. 5 ArbZG, soweit keine tarifvertraglichen Ausgleichsreglungen bestehen.
Gerade solche abweichenden, tarifvertraglichen Reglungen führten kürzlich zu einer großen Anzahl von Verfahren beim Bundesarbeitsgericht: im Rahmen einiger Manteltarifverträge fanden sich Reglungen, die höhere Zuschläge für unregelmäßige Nachtarbeit vorsahen, als solche für regelmäßige Nachtarbeit.
Eine Klägerin, die regelmäßige Nachtarbeit verrichtete und deshalb einen geringeren Zuschlag erhielt, sah hierin eine unzulässige Ungleichbehandlung und forderte gestützt auf einen Verstoß gegen den grundgesetzlich verankerten Gleichbehandlungsgrundsatz die Lohndifferenz.
Hierüber entschied nun das Bundesarbeitsgericht mit Urteil vom 22.02.2023 – 10 AZR 332/20: nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts liegt eine zulässige Differenzierung vor, weshalb die Klage abzuweisen war. Die Ungleichbehandlung ist sachlich gerechtfertigt.
Eine Ungleichbehandlung nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz kann nur gegeben sein, wenn vergleichbare Arbeitnehmer ohne sachlichen Grund (also willkürlich) von ihrem Arbeitgeber schlechter (also ungleich) behandelt werden. Zur Begründung der vorstehenden Rechtsprechung führt das Bundesarbeitsgericht aus, dass zwar ArbeitnehmerInnen, die unregelmäßig oder regelmäßig Nachtarbeit verrichten, im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes miteinander vergleichbar sind und vorliegend offensichtlich ungleich behandelt werden, indem unterschiedlich hohe Zuschläge je nach Regelmäßigkeit der Nachtarbeit geleistet werden. Es läge jedoch eine zulässige Differenzierung vor, die aus dem Tarifvertrag erkennbar sei. Denn derjenige Arbeitnehmer, der gerade nicht regelmäßig Nachtarbeit verrichtet, werde aufgrund der unregelmäßigen Inanspruchnahme und der fehlenden Planbarkeit solcher Einsätze stärker belastet als derjenige, der regelmäßige Nachtarbeit verrichte. Den Tarifvertragsparteien stehe es aufgrund der grundgesetzlich verankerten Tarifautonomie frei, mit den Nachtzuschlägen zusätzlich andere Ziele als bloß den Gesundheitsschutz zu verfolgen.