Wechselmodell und die Unterhaltsberechnung

Das Wechselmodell und die Unterhaltsberechnung

Die verschiedenen Betreuungsmodelle und der Einfluss auf die Unterhaltsberechnungen mit Blick auf das neue Eckpunktepapier des BMJ vom 25.08.2023

Bei der Trennung von Eltern muss geklärt werden, wie das jeweilige Umgangsrecht mit den Kindern untereinander gehandhabt wird. Hierbei haben sich in der Praxis verschiedene Betreuungsmodelle entwickelt.

Während das sogenannte Residenzmodell sich bisher als der Standard in Deutschland zeigt und damit die rechtlichen Regelungen prägt, stellt das Wechselmodell in seinen unterschiedlichen Formen für Familien eine immer beliebtere Alternative dar und ist in anderen Ländern bereits der Regelfall.

Auch der BGH hat in einer Entscheidung aus dem Jahr 2017 (BGH, Beschluss vom 1. Februar 2017 – XII ZB 601/15) klargestellt, dass trotz der Ausrichtung der Gesetze auf das Residenzmodell, das (paritätische) Wechselmodell aus Kindeswohlgründen von Familiengerichten angeordnet werden kann.

Dieser Entwicklung muss neben der Rechtsprechung ebenso der Gesetzgeber gerecht werden. Die unterschiedlichen Modelle begründen neue Anforderungen an die Unterhaltspflichten und deren Berechnung.

Das Bundesjustizministerium (BMJ) hat mit seinem Eckpunktepapier vom 25.08.2023 hierfür mögliche inhaltliche Regelungsvorschläge vorgestellt. Dabei soll insbesondere das asymmetrische Wechselmodell Eingang in die Rechtspraxis finden.


Sie suchen einen erfahrenen Anwalt für Familienrecht? Fachanwalt für Familienrecht Peter-Axel-Hummelmann steht an Ihrer Seite.




Erfahrene Anwälte aus Erlangen - Kanzlei Hummelmann, von Pierer & Kollegen

Top bewertet! Mandanten bewerteten die Kanzlei mit 5 Sterne bei Google aus 360+ Bewertungen

Anw?lte der Kanzlei Hummelmann, von Pierer und Kollegen aus Erlangen

Kontakt aufnehmen für eine schnelle Hilfe!


09131 / 88 67 0


Kontaktformular Button der Kanzlei in Erlangen




 

Was ist das sog. Wechselmodell?

Anders als beim Residenzmodell, bei welchem das Kind trotz gemeinsamen Sorgerechts nur bei einem Elternteil lebt, sieht das Wechselmodell eine klare Aufteilung des Wohn- und Lebensmittelpunkts des Kindes vor. Beim Wechselmodell ist das Kind mithin bei beiden Elternteilen zu Hause und es erfolgt ein stetiger Wechsel der Betreuung.

 

Formen des Wechselmodells

Der Umfang der jeweiligen Betreuung kann unterschiedlich ausgestaltet sein.

Bisher war mit der Bezeichnung „Wechselmodell“ in der Regel das sog. paritätische bzw. (nun) symmetrische Wechselmodell gemeint. Von diesem wird gesprochen, wenn eine nahezu 50%-ige Aufteilung der Betreuungszeit unter den Eltern erfolgt. Ein Schwerpunkt der Betreuung durch einen Elternteil ist hier nicht feststellbar.

Oftmals wird in der Praxis bei diesem Modell die Betreuung wochenweise gewechselt. Aber auch ein häufigerer Wechsel nach zwei bis drei Tagen ist denkbar.

Unter dem asymmetrischen Wechselmodell, wie es im Eckpunktepapier des BMJ bezeichnet wird, sind Fälle der substanziellen Mitbetreuung zu verstehen. Hierbei ist der andere Elternteil, welcher gerade nicht die Hauptbetreuung übernimmt, mit einem Anteil von mindestens 30 % bis maximal 49 % an der Pflege und Erziehung des Kindes beteiligt. Dies wurde bisher als der „erweiterte Umgang“ bezeichnet, da er über eine bloße Beziehungspflege hinausgeht.

Nicht ausreichend für die Annahme des Wechselmodells ist es, wenn das Kind weniger als 30% der Zeit bei einem der Elternteile verbringt. Darin ist keine über das übliche Maß hinausgehende Betreuung zu sehen und es handelt sich um eine Konstellation des Residenzmodells.

Nach bisheriger Praxis muss die jeweilige Betreuungszeit oftmals stundengenau festgestellt werden. Dies birgt ein erhebliches Streitpotential und Beweisschwierigkeiten. Das Eckpunktepapier des BJM sieht daher künftig eine Vereinfachung für die Ermittlung der Betreuungsanteile vor, indem als maßgebliches Kriterium nun die Anzahl an Übernachtungen herangezogen werden soll. Weitere Umstände (z.B. Wahrnehmung von Terminen in der Schule oder beim Arzt, Organisation der Freizeit) können jedoch im Einzelfall berücksichtig werden, um Flexibilität zu gewährleisten.

 

Einfluss des Betreuungsmodells auf den Unterhalt

Unterhaltspflichten beim Residenzmodell

Beim Residenzmodell wird davon ausgegangen, dass ein Elternteil seine Unterhaltspflicht gem. § 1606 III 2 BGB durch Betreuungsleistungen erfüllt, während der andere Elternteil Barunterhalt in Form einer laufenden Geldrente leistet. Die Höhe der Unterhaltszahlungen bestimmt sich dabei nach der sog. Düsseldorfer Tabelle, welche das Residenzmodell auch als Standard zu Grunde legt.

Folglich erhält das Kind bei diesem Modell nur von einem Elternteil und damit auch allein nach dessen Einkommen Barunterhalt.

 

Unterhaltspflichten beim symmetrischen Wechselmodell

Beim symmetrischen Wechselmodell greift hingegen die Grundregel des § 1606 III 1 BGB, wonach beide Elternteile anteilig betreuen und zahlen.

Hierbei tragen beide Elternteile die Sorge und Pflege für das Kind und damit auch die dabei anfallenden Kosten und Lasten gleichermaßen, sodass in der Regel nur ein verhältnismäßig geringer Ausgleichsbetrag bei unterschiedlichen Einkommensverhältnissen anfällt.

Für die Bestimmung des Unterhalts werden dabei beide Einkommen herangezogen und jeweils der Selbstbehalt abgezogen. Aus einer Differenzberechnung kann sich dann ein Ausgleichsbetrag ergeben.

 

Unterhaltspflichten beim asymmetrischen Wechselmodell

Bisher wendet der BGH in Fällen der Wahrnehmung eines ausgedehnten Umgangsrechts weiterhin den § 1603 III 2 BGB an. Das hat zur Folge das wiederum nur ein Elternteil seiner Unterhaltspflicht in Form des Barunterhalts nachzukommen hat und damit auch nur dessen Einkommen für die Berechnung relevant ist, während der andere Elternteil ausschließlich Betreuungsleistungen erbringen muss.

Nach aktueller Rechtsprechung des BGH (vgl. etwa BGH, Beschluss vom 12.03.2014 – XII ZB 234/13; BGH, NJW 2014, 1958) wird der erhöhten Mitbetreuung und der damit einhergehenden Kosten unterhaltsrechtlich insoweit Rechnung getragen, als dass im Einzelfall aus Billigkeitsgründen eine Herabstufung um eine oder mehrere Einkommensgruppen im Rahmen der Düsseldorfer Tabelle vorgenommen wird. Die Herabsetzung ist jedoch maximal bis zum Mindestbedarf möglich.

Argumentiert wird hierbei, dass beim erweiterten Umgang ein Elternteil die Betreuung und den damit verbundenen organisatorischen und zeitlichen Aufwand weiterhin weitgehend alleine übernimmt und damit seiner Unterhaltspflicht im Wege des Betreuungsunterhalts nachkommt. Getätigte Aufwendungen (z.B. Fahrtkosten) und wirtschaftliche Belastungen infolge des erweiterten Umgangs für den Barunterhaltsverpflichteten sind nach Ermessen des Gerichts nur im Wege der Angemessenheitsprüfung bei der Unterhaltsbemessung zu berücksichtigen.

Dies kann im Einzelfall zu unbefriedigenden Ergebnissen führen.

Das BMJ verfolgt mit seinem Eckpunktepapier eine fairere Verteilung der finanziellen Lasten und sieht folglich für das asymmetrische Wechselmodell eine neue Berechnungsweise vor.

Wie beim symmetrischen Wechselmodell soll dann der § 1606 III 1 BGB angewendet und der Unterhaltsbetrag nach den beiderseitigen Einkommensverhältnissen berechnet werden. Im Unterschied zum symmetrischen Wechselmodell sollen allerdings die Haftungsanteile beider Elternteile nicht verrechnet, sondern der Gesamtbedarf um einen pauschalen Prozentsatz vermindert und die Haftungsquote zugunsten des Mitbetreuenden durch Ansatz eines Betreuungsanteils verringert werden.

Diese denkbare, neue Berechnungsmethode würde in den meisten Fällen zu faireren Ergebnissen, aber auch zu einer komplizierteren Berechnung führen. Ob diese neue Methode in die Praxis eingeführt wird, wird sich zeigen. Die Unterstützung durch einen Fachanwalt für Familienrecht ist jedenfalls angeraten.

 

Zusammenfassend

 Das Unterhaltsrecht soll künftig drei unterschiedliche Betreuungsmodelle kennen und jeweils ein entsprechendes Berechnungsmodell vorsehen. Die Grundzüge der bislang praktizierten Unterhaltsberechnung in Bezug auf das Residenzmodell und das symmetrische Wechselmodell sollen sich dabei nicht verändern, sondern es soll nur eine weitere Berechnungsmethode für das asymmetrische Wechselmodell eingeführt werden.

Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Regelungsvorschläge in neuen gesetzlichen Vorschriften wiederfinden werden. Erfreulich ist, dass das Bundesministerium der Justiz den Handlungsbedarf für eine fairere Verteilung erkannt hat. Zu hoffen ist nur, dass die Neuregelungen für Familien handhabbar sein werden.

 

Wir beraten und unterstützen Sie bei Fragen rund um das Unterhaltsrecht sehr gerne.



Erfahrene Anwälte aus Erlangen - Kanzlei Hummelmann, von Pierer & Kollegen

Top bewertet! Mandanten bewerteten die Kanzlei mit 5 Sterne bei Google aus 360+ Bewertungen

Anw?lte der Kanzlei Hummelmann, von Pierer und Kollegen aus Erlangen

Kontakt aufnehmen für eine schnelle Hilfe!


09131 / 88 67 0


Kontaktformular Button der Kanzlei in Erlangen


Das Wechselmodell und die Unterhaltsberechnung Zuletzt aktualisiert: 21.12.2023 von Anwaltskanzlei Hummelmann, von Pierer & Kollegen