Versorgungsausgleich bei Scheidung – Antworten vom Anwalt
Die Scheidungsrate in Deutschland ist anhaltend hoch. Viele ehemaligen Ehepartner werden im Scheidungsverfahren erstmals mit den Fragen zum Versorgungsausgleich konfrontiert. Dies meint die Teilung aller während der Ehe erworbenen Ansprüche auf Altersvorsorge. Bei der Durchführung des Versorgungsausgleichs werden die in der Ehezeit erworbenen Anrechte geteilt, also jene, die vom ersten Tag des Heiratsmonats bis zum letzten Tag des Monats vor Zustellung des Scheidungsantrags entstanden sind.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist der Versorgungsausgleich?
- Warum gibt es den Versorgungsausgleich?
- Welche Anwartschaften werden beim Versorgungsausgleich berücksichtigt?
- Was wird beim Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt?
- Wer führt den Versorgungsausgleich durch?
- Wird immer ein Versorgungsausgleich durchgeführt?
- Wie wird der Versorgungsausgleich durchgeführt?
- Wie verhält es sich mit ausländischen Rentenanwartschaften?
- Kann ein Versorgungsausgleich auch rückgängig gemacht werden?
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Was ist der Versorgungsausgleich?
Der Versorgungsausgleich ist im Versorgungsausgleichsgesetz geregelt. Es ist die Aufteilung der durch die Ehegatten während der Ehe erworbenen Anrechte auf Altersvorsorge, insbesondere Rentenanwartschaften, nach der Scheidung. Diese zusammen erworbenen werden hälftig aufeinander aufgeteilt, sodass die während der Ehe erworbenen Anrechte auf Altersvorsorge gleich hoch sind.
Seit 2005 wird der Versorgungsausgleich auch bei der Auflösung von eingetragenen Lebenspartnerschaften durchgeführt.
Warum gibt es den Versorgungsausgleich?
Mit der Eingehung der Ehe erklären die Ehegatten, dass Sie für die Zukunft gegenseitig Verantwortung übernehmen und sich eine gemeinsame wirtschaftliche Existenz schaffen wollen.
Hierzu gehört auch die Altersvorsorge. In einer Ehe kommt es häufig vor, dass ein Ehegatte eher Aufgaben der Gemeinschaft übernimmt und dafür weniger Einnahmen generiert, etwa weil er nur Teilzeit oder gar nicht arbeiten geht. Der andere Ehegatte hingegen ist für den Großteil des gemeinsamen Verdienstes zuständig.
Dieses Gefälle im Verdienst schlägt sich dann auch im Erwerb von Rentenanwartschaften nieder. Durch den Versorgungsausgleich soll sichergestellt werden, dass beide Ehegatten entsprechend der gegenseitig übernommenen Verantwortung mit einem gleich hohen Anteil an den während der Ehe erworbenen Rentenanwartschaften ausgestattet werden.
Welche Anwartschaften werden beim Versorgungsausgleich berücksichtigt?
Das wesentliche Kriterium ist zunächst, dass die Ansprüche, während der in Wirtschaftsgemeinschaft geführten Ehe, also im Zeitraum zwischen der Eingehung der Ehe und der Einreichung des Scheidungsantrags, erworben wurden.
Betroffen sind Ansprüche, die auf die Altersvorsorge oder eine Arbeitsunfähigkeit abzielen und eine Art Rentenleistung beinhalten.
Anzurechnen sind beispielsweise Ansprüche auf
- gesetzliche Rentenversicherung
- Berufsständische Versorgung (Architekten, Anwälte, Ärzte usw.)
- Betriebliche Altersvorsorge
- Pensionsansprüche von Beamten
- Private Alters- und Invaliditätsversorgung wie Riester- oder Rürüprente und Erwerbsunfähigkeitsrente.
Was wird beim Versorgungsausgleich nicht berücksichtigt?
Ansparungen und erworbene Ansprüche, die auf die Bildung von Kapital gerichtet sind, werden beim Versorgungsausgleich regelmäßig nicht berücksichtigt. Hierzu gehören insbesondere
- Private Lebensversicherungen oder ähnliche Vermögensbildungen, die auf eine einmalige Auszahlung gerichtet sind (diese werden im Zugewinnausgleich berücksichtigt), bspw. Risikolebensversicherung, Kapitallebensversicherung, Mieteinnahmen, Wertpapierdepots;
- Anrechte die noch verfallen können (bspw. nicht ausreichend verfestigte Betriebsrenten);
- Ansprüche, die für den Ausgleichsberechtigten unwirtschaftlich wären;
- Ansprüche die der Entschädigung eines eingetretenen Nachteils dienen, bspw. Opferrenten, Rente der Berufsgenossenschaft, aus gesetzlicher Unfallversicherung, dem Bundesentschädigungs-, Lastenausgleichs- oder Bundesversorgungsgesetz.
Ein diesbezügliches Problemfeld sind ausländische Rentenanwartschaften. Diese müssten dem Grunde nach aufgeteilt werden. Da ein Gericht in Deutschland aber nicht die Teilung von im Ausland liegenden Rentenanwartschaften regeln kann ist dies nicht sofort möglich. Eine genauere Beschreibung folgt als gesonderter Punkt.
Wer führt den Versorgungsausgleich durch?
Es kommt auf den Einzelfall an. Die ehemaligen Ehegatten haben die Möglichkeit bei einem Notar eine einvernehmliche Regelung zum Versorgungsausgleich zu treffen. Hier ist es unter Umständen auch möglich auf den Versorgungsausgleich zu verzichten, etwa in einem Ehevertrag, unmittelbar vor Gericht oder im Rahmen einer Scheidungsfolgenvereinbarung.
Ist dies nicht geschehen, wird das Familiengericht den Versorgungsausgleich von Amts wegen vornehmen.
Wird immer ein Versorgungsausgleich durchgeführt?
Zunächst wird vom Gericht ermittelt, ob der Versorgungsausgleich durchzuführen ist. Dieser unterbleibt, wenn die Ehegatten bereits eine wirksame diesbezügliche Vereinbarung getroffen haben oder auf den Versorgungsausgleich verzichten.
Zudem findet ein Versorgungsausgleich nicht statt, wenn die Ehe kürzer als 3 Jahre gedauert hat, weil die erworbenen Ansprüche in dieser kurzen Zeit üblicherweise eine notwendige Bagatellgrenze nicht überschreiten.
Außerdem unterbleibt der Ausgleich, wenn beide Ehegatten nahezu gleichwertige Ansprüche erworben haben, etwa weil beide mit ähnlichem Verdienst dauerhaft berufstätig waren. Ob das Gericht von einer Gleichwertigkeit ausgeht, lässt sich jedoch nicht immer mit Sicherheit sagen. Sofern der Versorgungsausgleich vermieden werden soll, sollten Sie sich hierzu rechtlich beraten lassen und im Zweifel einen wirksamen Verzicht vornehmen.
Auch in Härtefällen, bei denen ein Ausgleich der Versorgungsansprüche grob unbillig wäre, wird auf diesen Verzichtet. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Ehegatte zwar nur geringere Versorgungsansprüche erworben hat, dafür aber privates Vermögen aufgebaut hat, welches er wegen einer vereinbarten Gütertrennung oder aus anderen Gründen auch nach der Scheidung für sich behalten darf.
Ebenso liegt ein Härtefall vor, wenn einer der Ehegatten bereits vor der Trennung ein schwerwiegendes Fehlverhalten an den Tag gelegt hat, wie etwa erhebliche Straftaten zulasten des betroffenen Ehegatten.
Auch wenn die Scheidung erst erfolgt, nachdem die Ehegatten schon lange getrennt gelebt haben, also schon seit langem keine wirtschaftliche Einheit mehr vorlag, kann der Versorgungsausgleich unterbleiben.
Wie wird der Versorgungsausgleich durchgeführt?
Wird der Versorgungsausgleich durchgeführt, erhalten die Ehegatten im Scheidungsverfahren einen Fragebogen zum Versorgungsausgleich. Diesen müssen beide wahrheitsgemäß ausfüllen. Das Gericht ermittelt dann die von beiden während der Zeit der Ehe erworbenen Ansprüche auf Altersversorgung. Diese werden zusammenaddiert und im Anschluss hälftig geteilt.
Der Ehegatte, welcher weniger Ansprüche erworben hat (der Ausgleichsberechtigte) erhält dann von dem Ehegatten, welcher mehr Ansprüche erworben hat (der Ausgleichspflichtige) die sich ergebende Differenz der Ansprüche. Mit diesen hat der Ausgleichsberechtigte dann einen direkten Anspruch, beispielsweise gegen die Rentenkasse.
Wie verhält es sich mit ausländischen Rentenanwartschaften?
Mit der zunehmenden Globalisierung kommt es immer häufiger vor, dass Menschen zumindest eine Zeit lang im Ausland arbeiten und dort Ansprüche auf Altersversorgung erwerben.
Im Hinblick auf diese kann kein sofortiger Versorgungsausgleich durchgeführt werden. Dies ist nicht möglich, weil ein deutsches Gericht keine Regelung treffen kann, welche Rentenkassen oder ähnliche private und staatliche Versorgungsanstalten im Ausland binden.
Aus diesem Grund wird in diesen Fällen der sogenannte schuldrechtliche Versorgungsausgleich durchgeführt. Das heißt, der Anspruch des Ausgleichsberechtigten ruht bis zum Eintritt in das Rentenalter. Erst wenn die Altersversorgung bereits ausgezahlt wird, kann dann auf Antrag das Gericht die Durchführung des Versorgungsausgleichs vornehmen und den Ausgleichspflichtigen dazu verpflichten, den betreffenden Anteil der Altersversorgung abzugeben.
Dies ist regelmäßig mit vielen Unwägbarkeiten verbunden, weil der Versorgungsberechtigte zunächst Kenntnis von dem Beginn des Bezuges der Altersversorgung erhalten muss und der Ausgleichspflichtige auch noch für diesen „greifbar“ sein muss.
Kann ein Versorgungsausgleich auch rückgängig gemacht werden?
Ja, auch das ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich. Wenn ein Ehegatte stirbt und noch kein erheblicher Bezug von Altersversorgung vorlag, wäre es aus Sicht des Gesetzgebers unbillig, diesen vom Ausgleichspflichtigen erworbenen Anspruch verfallen zu lassen.
Aus diesem Grund kann der Versorgungsausgleich rückgängig gemacht werden, wenn der Ausgleichsberechtigte stirbt und zu diesem Zeitpunkt weniger als 36 Monate Altersversorgung bezogen hat. Hierzu muss der Ausgleichsberechtigte einen entsprechenden Antrag bei dem entsprechenden Versorgungswerk, wie der Rentenkasse oder dem Beamtenversorgungswerk stellen.
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