Bauen an der Grundstücksgrenze – Darauf muss geachtet werden
Das Bauen in Deutschland ist stark reglementiert. Ein Aspekt, den Bauherren aus mehreren Gründen genau beachten sollten, ist die Grenzbebauung. Grundsätzlich muss in Deutschland ein Abstand von 3 Metern zum Nachbargrundstück gewahrt werden. Die Verletzung von Abstandsvorschriften führt nicht nur zum Streit mit der Baubehörde – auch Konflikte mit dem Nachbarn sind häufig dadurch vorprogrammiert.
Wir klären für Sie die wichtigsten Fragestellungen zum Thema Bauen an der Grundstücksgrenze.
Inhaltsverzeichnis
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Welche Ziele verfolgen die Regelungen zur Grenzbebauung?
Die Einhaltung von Abstandsflächen zum Nachbargrundstück hat wesentliche Auswirkungen in mehrfacher Hinsicht. Mit einer zu engen Bebauung geht ein nicht unerhebliches Sicherheitsrisiko einher. Denn im Fall von Bränden kann ein Feuer schneller übergreifen, wenn die Abstände zu gering sind.
Aber auch das Wohlbefinden des Nachbarn kann erheblich leiden. Desto geringer die Abstandsflächen, desto stärker wird auch das Nachbargrundstück beschattet. Sonne und Licht kommen schlicht nicht mehr richtig durch. Darüber hinaus wird die Privatsphäre durch eine engere Bebauung eingeschränkt. Dies führt auch zu einer gefühlten Einengung.
Sind Grenzbebauungen generell verboten?
Nein, in nahezu allen Bauordnungen der Bundesländer sind Ausnahmeregelungen enthalten, unter deren Beachtung eine einseitige Grenzbebauung ausnahmsweise zulässig ist. Die genauen Umstände, ab wann eine Grenzbebauung vorliegt und welche Abstände ohne die Beantragung einer Baugenehmigung zulässig sind, variieren zwischen den jeweiligen Bundesländern. Diese Vorschriften werden teils durch gemeindliche Bebauungspläne noch genauer und individueller ausgestaltet.
Eine Grenzbebauung ist beispielsweise zulässig, wenn im Bebauungsplan eine geschlossene Bebauung (durch Reihenhäuser oder Doppelhaushälften) geplant wird. Ebenso gilt dies, wenn kein Bebauungsplan vorliegt, die nähere Umgebung jedoch durch eine geschlossene Bebauung geprägt ist oder wird. Aber auch Gebäude, die ihrem Wesen nach keine Aufenthaltsräume und Feuerstätten beinhalten, dürfen unter Umständen an die Grundstücksgrenze gebaut werden, wenn bestimmte Ausmaße nicht überschritten werden. Ein verbreitetes Beispiel hierzu sind Grenzgaragen.
In jedem Fall sollte vor der Umsetzung des Bauvorhabens zunächst ein Termin beim Bauamt vereinbart werden, um zu klären, ob eine Baugenehmigung notwendig ist. Erst wenn diese Frage geklärt ist, können die nächsten Schritte geplant und getätigt werden.
Was droht bei einer Grenzbebauung ohne notwendige Genehmigung?
Wer eine Bebauung an der Grundstücksgrenze ohne die notwendige Baugenehmigung oder abweichend von der erteilten Genehmigung vornimmt, der errichtet eine widerrechtliche Grenzbebauung – also einen Schwarzbau. Gegen diesen können sowohl das Bauamt als auch der Nachbar gerichtlich vorgehen. In der Konsequenz kann es zu einer Nutzungsuntersagung oder auch einer Beseitigungsanordnung kommen. Dann muss der Bau wieder abgerissen werden. Zudem droht eine Geldbuße. Wer den Anordnungen der Baubehörde nicht nachkommt, muss zudem mit Zwangsgeldern oder gar mit der Ersatzvornahme, also dem Abriss durch die Baubehörde selbst rechnen.
Einen Bestandsschutz gibt es für Schwarzbauten nicht. Diese erhalten einen Bestandsschutz auch dann nicht, wenn sie bereits seit Jahren oder gar Jahrzehnten stehen, ohne dass sich jemand daran gestört hatte. Selbst eine Eintragung im Grundbuch führt nicht zu einem Bestandsschutz. Die einzige Möglichkeit wäre, dass die Gemeinde durch eine Satzung die Rechtmäßigkeit der Bebauung festlegt.
Der Nachbar kann zudem vor den Zivilgerichten gegen den Bau vorgehen. Dort kann Unterlassungs- und Schadensersatzansprüche geltend machen. Diese unterliegen jedoch der regelmäßigen Verjährungsfrist von 3 Jahren. Doch auch nach dem Ablauf der Verjährungsfrist können diese auf die Baubehörde einwirken, um ein Einschreiten des Staates zu erreichen.
Ist für zulässige Grenzbebauungen immer die Zustimmung des Nachbarn erforderlich?
Für Gebäudetypen wie Carports, Grenzgaragen und Gartenhäusern bis zu einer bestimmten Größe ist eine Grenzbebauung ohne Baugenehmigung möglich. Aber wie sieht es mit dem Nachbarn aus? Die Antwort auf diese Frage lautet, wie so oft bei juristischen Fragestellungen – es kommt darauf an. In einigen Ausnahmefällen wird keine Zustimmung des Nachbarn benötigt.
So darf ohne die Zustimmung des Nachbarn eine Grenzbebauung errichtet werden, wenn bereits aufseiten des Nachbarn eine Grenzbebauung vorhanden ist und an diese angebaut wird. Hierbei darf jedoch der vorhandene Bau nicht beschädigt werden. Auch wenn der Bauherr zwingend auf der Grundstücksgrenze bauen muss, etwa weil dies durch eine Baulinie in einem Bebauungsplan vorgeschrieben ist, wird keine Zustimmung des Nachbarn benötigt.
Aber auch bei Bauten, für die eine Baugenehmigung notwendig ist, muss nicht immer eine Zustimmung des Nachbarn vorliegen. Wurde der Nachbar über die geplante Bebauung durch die sogenannte Angrenzerbenachrichtigung informiert und gibt innerhalb von vier Wochen keine Stellungnahme ab, so wird seine Zustimmung nicht mehr benötigt. Ebenso, wenn der Nachbar nicht spätestens einen Monat nach Kenntnis von der Baugenehmigung einen Widerspruch erhebt.
Zu beachten ist, dass eine Zustimmung des Nachbarn nur für den Bau gilt, wie er ihm gegenüber mitgeteilt wurde. Weicht die tatsächliche Bebauung später von den Plänen ab oder wird durch den Bau der Nachbarschutz nicht mehr gewährleistet, so kann der Nachbar den Bau trotz Zustimmung anfechten.
Wann besteht ein Bestandsschutz?
Durch den Bestandsschutz wird der Eigentümer dazu berechtigt, eine vorhandene bauliche Anlage mit einer bestimmten Nutzung auch dann weiterhin zu behalten und zu nutzen, wenn eine Neuerrichtung aufgrund einer Änderung der Rechtslage nicht mehr möglich wäre. Kurz gesagt – wird der Bebauungsplan geändert und ihre bisherige Bebauung oder Nutzung des Grundstücks verstößt gegen die Regelungen des Bebauungsplanes, kann die Behörde dennoch nicht gegen Sie vorgehen.
Es wird hierbei zwischen einem aktiven und passiven Bestandsschutz unterschieden. Beim passiven Bestandsschutz wird dem Eigentümer das Recht eingeräumt, den einmal zulässig errichteten baulichen Zustand zu erhalten. Beim aktiven Bestandsschutz wird die Frage behandelt, ob an dem bestehenden baulichen Zustand Änderungen etwa durch eine Nutzungsänderung oder einen Erweiterungsbau vorgenommen werden dürfen und unter welchen Bedingungen dies genehmigt oder zumindest geduldet werden muss. Dies ist insbesondere bei Instandhaltungs- und Reparaturarbeiten der Fall.
Notwendige Voraussetzung für das Eintreten des Bestandsschutzes ist jedoch zwingend, dass die bauliche Anlage legal errichtet wurde. Dies gilt es insbesondere im Fall von Grenzbebauungen genau zu prüfen. Hierbei ist es empfehlenswert, diese Frage von einem erfahrenen Rechtsanwalt klären zu lassen.
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